Titelbild: Verpeilspitze Nordgrat Artikel verfasst von: Benedikt
Verpeilspitze Nordgrat (V-, 1600hm, 11h)
Der Nordgrat der Verpeilspitze bietet imposante Alpinkletterei auf den zweithöchsten Punkt im Naturpark Kaunergrat, der geprägt ist von schroffen, abweisenden Urgesteinstürmen inmitten einer ursprünglichen Bergwildnis. Auf die umliegenden Gipfel führen lediglich schwere Routen und auch die Übergänge zwischen Kaunertal und Pitztal sind für den „normalen Wanderer“ zumindest herausfordernd. Der geneigte Alpinist kann sich also über Stille, große Herden von Steinböcken, seltene Alpinflora und herrliche Kletterei freuen.
Die Kletterschwierigkeiten des über 2km langen Verpeilspitze Nordgrats befinden sich allesamt auf über 3000 Meter, nehmen zum Gipfel hin zu und erreichen maximal den unteren V.-Schwierigkeitsgrad. Viele Passagen sind bei größter Exponiertheit obligat im oberen IV.-Grad zu klettern. Einfache und schwierige Passagen sowie Gehgelände wechseln sich aber laufend ab, weshalb der routinierte Umgang mit dem Sicherungsseil als Grundvoraussetzung zur genussreichen Bewältigung der Route angesehen werden kann. Entschärft wird die Tour an den entscheidenden Stellen durch Bohrhaken in beruhigenden Abständen.
Man kann die Tour aus dem Kaunertal (Verpeilhütte) oder aus dem Pitztal (Kaunergrathütte) unternehmen und als Tagestour ausführen (Kondition vorausgesetzt). Zu empfehlen ist allerdings ein Start auf der wunderschön gelegenen Verpeilhütte, eine Übernachtung auf der Kaunergrathütte und eine weitere Tour am Folgetag (z.B: Wazespitze Ostgrat, Parstleswand Überschreitung) bevor man über das Apere Madatschjoch den Rückweg antritt.
Zusammenfassung Verpeilspitze Nordgrat
- Art: Klettertour
- Höhenmeter: ca. 1600hm Aufstieg
- Gehzeit: Zustieg ca. 1:30h. Nordgrat: zwischen 5h (seilfrei) und 10h (viel sichern) ist alles drin! Wir haben 8h benötigt. Abstieg zur Kaunergrathütte ca 1:30h.
- Kondition: sehr hohe Anforderungen; nur sehr ausdauernden Sportlern zu empfehlen
- Technik: Meist wegloses Gelände im Fels ohne Markierungen. Deutliche Absturzgefahr in heiklem, exponiertem Gelände. Sehr guter Orientierungssinn, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit notwendig. Zudem ausgereifte Alpinerfahrung und Vertrautheit im Umgang mit alpintechnischen Hilfsmitteln.
- Ausrüstung: Kletterausrüstung (8 Exen, einige Bandschlingen, ggf. je ein grüner und roter Friend)
- Rundtour: ja
Anfahrt Verpeilspitze
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln
- Mit dem Zug nach Landeck-Zams Bahnhof und von dort mit dem Postbus nach Feichten Ortsmitte.
- Zur Reiseauskunft der Österreichischen Bundesbahn.
Mit dem Auto
- Adresse fürs Navi: Verpeilalm, 6524 Kaunertal, Österreich
- Routenplaner: Anfahrt Verpeilalm
- Im Detail: Aus dem Oberinntal ins Kaunertal bis nach Feichten. In Feichten vor dem Kaunertal-Center links abbiegen, an der ersten Kreuzung erneut links und am Hotel Lärchenhof vorbei. Von hier zu Fuß in 2h zur Verpeilhütte. Alternativ: Wer über einen etwas geländegängigen PkW verfügt, kann der schmalen und steilen Forststraße zur Verpeilalm folgen. Sie ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt, darf aber – auf eigene Gefahr hin – zur Zufahrt zum Parkplatz der Verpeilalm benutzt werden.
Wegpunkte
Verpeilhütte (2025m) – Verpeiljoch (2832m) – Verpeilspitze (3425m) – Plangeroßkopf (3053m) – Kaunergrathütte (2817m) – Schartenkopf (3050m) – Aperes Madatschjoch (3030m) – Verpeilhütte
Aufstieg Verpeilspitze Nordgrat
Von der Verpeilhütte steigt man in der Dämmerung auf dem markierten Pfad zum Verpeiljoch, das man nach 1,5 – 2 Stunden erreicht (alternativer Zustieg von der Kaunergrathütte in rd. 3h möglich).
Direkt vom Verpeiljoch steigt man noch seilfrei Richtung Süden über einige Türmchen, I- II, wobei man einige steilere Aufschwünge bis III+ auch umgehen kann. Man gelangt schließlich in eine tiefe Scharte, ab welcher der Grat deutlich aufsteilt. Nun folgt man bei zunehmenden Schwierigkeiten konsequenter der Kante. Die Route wird an den schwierigen Stellen (bis IV+) durch Bohrhaken vorgegeben und entschärft. Zwei steile Türme werden überklettert, bevor man das erste Mal den Gipfel in noch großer Distanz erspähen kann. Der Grat steilt nun wieder auf und man erreicht die Schlüsselstelle des ersten Teils der Route: die ostseitige Platte, die mit einer Schwierigkeit von V- aufwartet. Nach der kurzen Platte klettert man zurück zur Gratkante, wobei die Schwierigkeiten nachlassen. Man erreicht einen Schotterrücken, dem man absteigend, einen einsamen Turm umgehend, zum Pausenplatz vor dem zweiten schweren Teil folgt.
Vom oberen Ende des Schotterrückens klettert man eine glatte Verschneidung (IV) mit Bohrhaken zur Gratkante hinauf. Nun folgt die extrem luftige Überkletterung eines Turmes in eine winzige Scharte. Von hier westseitig um eine Kante herum in eine steile Verschneidung (V-), die erneut zur Gratkante führt. An der Gratkante steigt man nun deutlich einfacher (Stellen III) weiter, bis Steinmännchen auf ein Band in der Ostseite auf den nächsten Schotterrücken führen. Über den Rücken erreicht man den Gipfelaufschwung, wobei man sich hier entscheiden kann, den Bohrhaken (V) oder der logischen Route (etwas rechts, IV, selbst abzusichern) zu folgen. Zuletzt über Gehgelände in wenigen Augenblicken zum Gipfelkreuz – Halleluja!
Abstieg Verpeilspitze
Vom Gipfel folgt man den Steigspuren nach Süden (Richtung Wazespitze). Steinmännchen, einige Bohrhaken und verblasste blaue Markierungen weisen den Weg, der zunächst über steile Stufen nach rechts hinabführt, dann links in eine markante Scharte quert. Über einen Schotterrücken steigt man weiter nach Südosten hinab, bis Steigspuren nach rechts (Westen) in die Flanke führen. Über Bänder und Stufen steigt man in den Schuttkessel und hält dort auf den südlich gelegenen, flachen Schotterhügel (Plangeroßkopf) zu. Jenseitig trifft man auf einen Wanderweg, dem man bergab zur Kaunergrathütte folgt.
Wer nicht auf der Kaunergrathütte nächtigen möchte, steigt vom Plangeroßkopf kurz zur nächsten Weggabelung ab und folgt der Beschilderung über das Apere Madatschjoch zurück zur Verpeilhütte (ca. 3h ab Plangeroßkopf).
Hinweise
- Verpeilhütte: Mitte Juni – Mitte September, 41 Schlafplätze, Telefon: +43 (0)6505656540, Mail: info@verpeilhuette.at
- Kaunergrathütte: Mitte Juni – Mitte September, 63 Schlafplätze, Telefon: +43 (0)541320310; Mail: info@kaunergrathuette.at
- Im Web wird die Sanierung des Nordgrats als „Bohrhakengemetzel“ beschrieben. Dies kann ich nicht bestätigen. Vielmehr stecken in der Tour exakt so viele Haken, dass eine adäquate Sicherung in nicht zu großen Abständen ohne zusätzliche mobile Sicherungen ermöglicht wird. Ob man auf dieser Tour ohne Friends unterwegs sein möchte, möge jeder selbst entscheiden!. Zudem wird an unübersichtlichen Stellen die Orientierung durch die Bohrhaken erleichtert.
Karte & Höhenprofil
- Tipp: Tourenbericht und GPS-Track offline nutzen >
Bilder Verpeilspitze Nordgrat
Bewertung der Tour
Zusammenfassung: Lohnende Grattour vor großartiger Kulisse in stellenweise brüchigem Fels für routinierte Alpinisten.